Wird Altern zum Tabuthema?

Wird Altern zum Tabuthema?Die Medien zeigen gern schöne, makellose Gesichter, denen man ihr Alter nicht ansieht. Faltenfrei und mit vermeintlich jugendlich frischer Haut lächeln uns die Werbegesichter entgegen und auch die Prominenten tun alles um möglichst lange jung auszusehen. Schönheitsoperationen werden geleugnet, Hochglanzfotos retuschiert und bei Auftritten achtet man genau darauf, nur die Schokoladenseite zu zeigen. Als Zuschauer oder Leser muss man so fast denken, dass Älterwerden ein Tabuthema ist und damit eine unnatürliche Angelegenheit, die möglichst lange hinausgezögert werden muss.

Jedes Fältchen erzählt eine Geschichte

So weiß und glatt wie die mit dem Skalpell gespannte Haut mancher Stars aussieht, ist ihre Lebensgeschichte sicher nicht. Drogenmissbrauch, Alkohol- oder Tablettenprobleme begleiten sie durchs Leben und ein „makelloses“ Aussehen betrachten sie als ihr einziges Kapital. Doch jeder Mensch altert und die ersten Fältchen erzählen oft lebendige und lustige Geschichten, die zu gern erzählten Erinnerungen werden. Trotzdem greifen viele Frauen und inzwischen auch Männer zu Antifaltenmitteln oder zum Messer um die Spuren zu beseitigen. Gleichzeitig schicken wir unsere alten Menschen in Heime, obwohl wir wissen, dass das Leben im Altenpflegeheim viele wie ein Leben auf dem Abstellgleis empfinden, auch wenn die Standards inzwischen sehr hoch sind. Junge Erwachsene sollen finanziell für das Alter vorsorgen, doch im Alltag wird das Thema Altern verdrängt und geschönt. Ein starker Familienverbund existiert dank der modernen Wirtschaft oft nicht mehr, denn viele Menschen müssen für ihren Arbeitsplatz im Laufe des Lebens um den halben Globus ziehen und für den Gedanken an das eigene Altern bleibt kein Platz.

Positive Aussichten

Nur langsam finden Projekte wie Mehrgenerationenhäuser den Weg in die Medien und die Skepsis der Gesellschaft schrumpft nur langsam, obwohl viele ältere Menschen durch vielfältige soziale Kontakte weniger Medikamente und damit weniger Betreuung benötigen. Jung und Alt profitieren voneinander und in Einzelfällen können sogar Menschen mit einer hohen Pflegestufe in solche Programme eingebunden werden. Sie erholen sich zum Teil wenn sie nicht mehr isoliert werden und finden wieder Gefallen am Leben. Unser Gesundheitssystem könnte davon in Millionenhöhe profitieren, doch zuerst muss die Gesellschaft das Altern wieder als normalen Prozess empfinden, der nicht versteckt oder verzögert werden muss, denn ein paar Falten im Gesicht bedeuten nicht, dass man nicht mehr aktiv durchs Leben gehen kann und sich mit Sport und ausgewogener Ernährung gesund halten darf.